

Geschichten und Bilder
Homepage von Albert Hirschbichler
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Ötztal 1923
Pfingsten 1923 machte unser Großvater Wolfgang Brunner mit vier Kameraden eine Reise von Reichenhall aus ins Ötztal
mit Besteigung der Wildspitze. Vierzehn Tage waren sie unterwegs. Am Basislager vom Mount Everest
ist man heute schneller als damals im Ötztal. Der Geist des Abenteuers wird augenscheinlich
in den Zeilen seiner Tagebuchaufzeichnungen. Für ein großes Gipfelziel nahm man Mühen auf sich die
sich heute keiner mehr vorstellen kann. Die Wildspitze ist heute, wenn man sich schickt und mit der
Seilbahn zur Braunschweiger Hütte hinauf fährt, von Reichenhall aus ein Tagesziel.
Dabei waren: Gugg Karl, Rieser Karl, Förtsch Valentin und Held Fritz.









Tagebuchaufzeichnungen von Wolfgang Brunner (1897 - 1961)


Pfingsten 1923
Ötztal
20.5./2.6.
Wochenlang war der Plan gefasst. Zünf-
tige Sitzungen fanden statt, in denen die Tur bis in die kleinsten Einzelheiten vorbereitet wurde. Proviant wurde vorgekauft, Erkundigungen über die dortigen Verhältnisse eingezogen und am
Samstag noch fieberhaft an den Wageln
gearbeitet. Und endlich war der große
Tag der Abfahrt angebrochen:
Pfingstsonntag
Früh ½8ℎ fahren wir mit einem großen Hand-karren zum Bahnhof, hier wie auf der ganzen Fahrt das grösste Aufsehen erregend, da sich niemand erklären konnte zu was die Räder gehören.
Unser Gepäck gaben wir bis Kufstein als
Passagiergut auf. Nun noch allgemeiner Ab- schied und dahin gings. Reichenhall ab 8ℎ – Rosenheim an 11.05 – ab 2.25 – Kufstein an 8.27 – ab 4ℎ – Innsbruck an 6.50. In Inns-
bruck stellten wir unser Gepäck ein und
schauten uns dann die Stadt an. Um 10.20
gings dann wieder weiter Richtung Ötztal,
wo wir um 12.14 nachts ankamen. Nun ging die Suche nach einem Nachtquartier an und da wir nichts passendes fanden, landeten wir schließlich im Wartesaal.
21.5.23
Pfingstmontag. Montierten in aller Frühe gleich auf dem Bahnsteig unsere Fahrzeuge zu- sammen und fuhren damit bis zum Wald, wo wir die anderen erwarteten, die um ½8 kamen. Bis die ganze Kolonne marschbereit war, wurde es 10ℎ. Dann gings dahin über Ötz – Umhausen – Längenfeld nach Huben, wo wir beim Bauern Peter Weiss im Stadel Unterkunft fanden. Abends wurde noch in der größten vorhandenen Pfanne gemeinschaftlicher Gries und an-
schließend Teemassen gekocht. Nachtlager in Heu und Stroh war nicht schlecht.
22.5. Dienstag: Morgens Kommunekakao,
dann über Sölden – Pitzen - Zwieselstein
nach Hl. Kreuz, wo wir wieder ein ideales
Quartier mit Milch in Hülle und Fülle
fanden. Während wir bis Zwieselstein
noch die schöne Strasse hatten, fing hier
ein buckliger steiniger Weg an, der an
die Leistungsfähigkeit unserer Wagl die
höchsten Anforderungen stellte.
23.5. Mittwoch: Hl. Kreuz – Vent- Rofen.
Weg war stellenweise in unglaublichem
Zustand. Giesbäche, Steine, Lawinen, einmal ganz weg gerissen, das waren so die Hindernisse. In Rofen ließen wir unsre
Fahrgestelle sowie einen Teil des Proviantes, dann ging empor der Vernagthütte 2766 m zu, wo wir abends 8ℎ ankamen. 24.5. Donnerstag: Die anderen gingen auf den Fluchtkogel. Ich machte inzwischen Hüttenwart, da mir mein Fuß zu weh tat. 25.5. Freitag: Fuhren heute nach Rofen.
hinunter und holten den zurückgelassenen Proviant sowie Holz.
Samstag: Infolge schlechten Wetters
war heute Hüttentrixen. Sonntag: Wollten heute auf die Wildspitze, kamen aber zu weit rechts. Dank der guten AV Karte, die wir hatten und auf der gleich ganze Berge nicht angegeben waren. Mussten daher bei ... m wieder umkehren, Abfahrt über Klein- und Großvernagt- ferner war bis jetzt meine schönste. Montag Ruhetag. Bloss ein wenig Üben vor der Hütte.
29.5.23 Dienstag: Heute müssen wir
auf die Wildspitze, eher fahren wir
nicht heim. Vernagthütte ab vormittags
½ 10ℎ über den Vernagtferner zum
Brochkogeljoch und dann über den
Südgrat auf die Wildspitze 3769 m.
Abfahrt auf der gleichen Strecke.
Nahmen noch schnell die Petersenspitze
3481 m.


mit. Hüttw wieder an ½ 6ℎ. Mittwoch:
Hüttentrixen. Orkanartiger Sturm. Regen und Schnee.
Donnerstag. ¾ 8ℎ von der Vernagthütte ab nach Rofen. Hier montierten wir unsere
Fahrzeuge zusammen. Dann wurde der
Heimmarsch angertreten über Vent (1h) –
Hl. Kreuz – Zwieselstein (½ 5ℎ) – Sölden (6ℎ) nach Huben ( ¾ 8ℎ), wo wir in unserem alten Quartier wieder übernachteten. War ein unglaublicher Gewaltmarsch heute. Freitag: Huben ab 10ℎ – Ötztal an ¾ 6h, Ötztal ab 8h – Innsbruck an 9.44. Tranken hier als Abschluss und auf das gute Gelingen der Tour ein paar Viertel Roten und blieben dann im Wartesaal übernacht .
Samstag: Innsbruck ab 4.55 früh über
Scharnitz – Mittenwald – Garmisch –
München an 12.45. Eine herrliche Tur
hatte damit ihren Abschluss gefunden.
Was es heisst: 14 Tage in einsamen Gebirgs-
tälern und noch einsameren Gletscherge-
bieten im Kreise gleichgesinnter Kame-
raden zuzubringen, vollständig auf sich selbst
angewiesen und fern dem Treiben der sogenann-
ten Kulturwelt, das kann man nur erleben
aber nicht in Worte fassen.
Kosten der Tur
Fahrt Reichenhall – Kufstein 2160 M
Gepäck “ “ 2096 M
Pflasterzoll in Ötz 500 M
Fahrt Scharnitz – München 6580 M
11.330 M
Fahrt Kufstein – Ötztal 26250 K
Gepäckaufbewahrung Innsbruck 1450 “
Pflasterzoll in Längenfeld 300 “
Übernachten in Huben 5000 “
Übernachten in Hl. Kreuz 1500 “
Milch in Vent 2000 “
36.500 K
Übertrag: 36.500 K
1 Karte in Vent (800) mit Porto ( 1000 “
Übernachten in Huben 5000 “
Polizeil. Meldezettel in “ 90 “
Milch in Hl. Kreuz 2010 “
1 Zigarette in Vent 450 “
“ “ “ Ötztal 600 “
Fahrt Ötztal – Innsbruck 10600 “
“ Innsbruck – Scharnitz 10600 “
2 Viertel Wein 8000 “
10 Semmel 6000 “
5 Zigaretten 2000 “
82.850 K
Im ganzen kam die Tur also ohne Proviant
auf 11 330 Mark und 82 850 Kronen.
Ausrüstung in 2 Rucksäcken: 1 Zentner 20 kg
Proviantliste s.o.