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Erhard Riedl

Hubert Aßmann

Werner Thaler 

Josef Ertl ("Stangei")

Heini Brandner 

 

 

Zum Tod von Erhard Riedl

(1927 - 2017)

erschienen im Nachrichtenblatt 2018 der DAV Sektion Bad Reichenhall 

 

Am 30. Juni 2017 starb im Alter von 89 Jahren Erhard Riedl, einer der besten Reichenhaller Bergsteiger der Nachkriegsjahre. Geboren am 04.09.1927 in Reichenhall, absolvierte Erhard nach der Schule eine Schreinerlehre, bis er kurz vor Kriegsende noch zu einer Flakstellung am Obersalzberg eingezogen wurde. Als der Krieg dann aus war, setzte er sich, um der Gefangenschaft zu entgehen, mit Kameraden auf die Zehnkaser am Untersberg ab, eine wilde und abenteuerliche Zeit, wie man sich denken kann.

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Danach machte Erhard eine Metzgerlehre und arbeitete bei verschiedenen Reichenhaller Metzgern, bis er sich als Lohnschlächter im Reichenhaller Schlachthof selbständig machte.

Ein Knochenjob im auch im Sommer unterkühlten Schlachthof. Als ich ihn später einmal fragte, ob er denn nicht auch einmal dieses „Burn Out“ gehabt hätte, das heute fast jeder hat, lachte Erhard nur: „Na, mia ham ja´s Geld braucht“, seine Antwort.
 

Mit dem Klettern begann Erhard früh. Eine der ersten Touren war die Untersberg-Südwand mit dem vier Jahre älteren Bruder Karli, Erhard war neun Jahre alt, barfuß, mit dem Wäscheseil der Mutter. Bereits mit 15 kletterte er Touren wie den Göll-Trichter, die Weitschartenkopf Nordwestwand, die Signalkopf Nordwand und viele andere schwere Routen in den Heimatbergen. Von Jugend an ging Erhard bei jeder Gelegenheit in die Berge. Meistens in die Berchtesgadener, weil das einzige Fortbewegungsmittel zu der Zeit das Fahrrad war. Die damaligen Touren des 6. Grades am Untersberg, an der Reiteralm, Göll, Watzmann bis in den Wilden Kaiser beging er oft mehrmals. Herausragend war die 2. Begehung der Dir. Mühlsturzkante (VI) mit Hans Lobenhoffer im Mai 1948 (zwölf Jahre nach der Erstbegehung durch Anderl Hinterstoisser und Toni Kurz!). Schon im Februar waren sie fast durch, mussten aber wegen Wettersturz abseilen. Bis in die 1970er Jahre galt die Tour als die schwierigste in den Berchtesgadener Alpen.
 

Zu seinen Kameraden zählten neben anderen Werner Thaler, Fritz Riegel, Hubert Assmann, Stefan Kraus, Guido Argstatter, Gustl Sperger und Albert Hirschbichler (sen.). Ein Höhepunkt im Bergsteigerleben von Erhard Riedl war sicherlich die 13. Begehung der Eiger-Nordwand im August 1953 mit A. Hirschbichler. Nach der Anreise – wie damals üblich – mit Fahrrädern, benötigten die beiden für den Durchstieg drei Tage mit zwei Biwaks. Ein weiteres kaltes Biwak war im Abstieg über die Westflanke fällig. Keiner Menschenseele hatten die beiden daheim von ihrem Plan erzählt. Und das war ein Wesenszug des Erhard. Er redete nicht viel. Nach Aussagen seiner Kletterpartner ein ausgesprochenes Klettertalent mit Bärenkräften bekam man von ihm, was seine Leistungen betrifft, kaum etwas heraus. Große Worte oder sich in den Vordergrund zu stellen, das war nicht Seins.
 

1957 heiratete Erhard seine aus Lofer stammende Frau Burgi. Im gleichen Jahr kam Sohn Wolfgang, ein Jahr später Tochter Hanni zur Welt. Ein großes Lebensprojekt war später der Bau eines Hauses in Karlstein, das 1972 fertig wurde. Die letzten Jahre bis zur Rente arbeitete Erhard dann als Zivilangestellter bei der Standortverwaltung. In die Berge ging er bis ins Alter, wobei er, da er kein Auto besaß, zum Ausgangspunkt meistens mit dem Radl fuhr.

So auch zur Watzmann Ostwand, die er öfters von Reichenhall aus in einem Tag durchstieg.

Mit 77 fuhr er dann aber auch schon mal mit dem Bus nach Berchtesgaden.
 

In der Nacht des 30. Juni hörte das Herz des Erhard im Beisein seiner Familie auf zu schlagen. Und wenn es im Jenseits eine Ostwand gibt, fährt der Erhard mit dem Radl hin und geht in einem Tag hinauf. Da trifft man sich dann wieder.

(A. Hirschbichler)

Erhard Riedl bei einem Arbeitseinsatz am Untersberg

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Zum Tod von Hubert Aßmann

(1927 - 2021)

Nachrichtenblatt DAV Sektion Bad Reichenhall 2022

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Am 24. 4. 2021 verstarb im Alter von 93 Jahren der Reichenhaller Bergsteiger und verdiente Bergwachtmann Hubert Aßmann.

Geboren am 4.6.1927 in Bad Reichenhall, wollte Hubert nach dem Schulabschluss 1941 eigentlich in die Fußstapfen seines Vaters treten und Schlosser werden. Leider waren alle Lehrstellen besetzt und so begann er im selben Jahr bei der „Mercedes Großgarage Mathias Enzensberger“ in der Berchtesgadener Straße eine Lehre als KFZ-Mechaniker, mit einem Verdienst von zwei Reichsmark in der Woche (heute 8,40 Eur). 

 

Noch in der Schulzeit starteten erste Skiversuche am Kugelbach.

Als er sich 1939 in den Schulferien in Tirol bei der Oma aufhielt, holten ihn seine Eltern anlässlich des Kriegsbeginns mit dem Rad ab. So fuhr Hubert mit 12 Jahren mit dem Rad von Reutte nach Reichenhall heim – an Akkus oder E-Motoren dachte man nicht einmal im Traum.

Noch vor Beendigung der Lehrzeit wurde er im Juni 1944 zum Reichsarbeitsdienst zu Versorgungsfahrten in der Nähe von Innsbruck eingeteilt. Als er in den letzten Kriegstagen – obwohl nicht im Besitz eines Führerscheins – noch den Auftrag erhielt, den Privatbesitz irgendeines Kommandanten mit einem Wagen in den Pinzgau zu transportieren, zog er es angesichts amerikanischer Straßensperren vor, die Karre samt Holzvergaser aufzugeben und bei Bauern Unterschlupf zu suchen. Nach Verwendung als Knecht kam er erst drei Monate später zurück nach Reichenhall. Was für Zeiten!

 

Von Februar `46 bis Dezember `47 war er bei der Militärregierung – sprich den Amerikanern – am Chiemsee als Mechaniker tätig. 1947 absolvierte er auch die Gesellenprüfung. Einen offiziellen Führerschein („Driver-Licence“) erhielt er erst im Jahr 1949, nach Prüfung auf seinem eigenen Motorrad. Bemerkenswerterweise fuhr man damals mit dem eigenen Krad zur Prüfung (und bei Nichtbestehen auch wieder heim).

 

Mit dem Klettern begann Hubert 1948. Nach ersten Touren wie Blaueisumrahmung, Göll West- und Signalkopf Nordwand gelang schon im ersten Kletterjahr eine Begehung der Wartsteinkante (18. Beg.). Viele Jahre war Hubert im Sommer wie im Winter dann in den Bergen unterwegs. Zunächst meistens in den heimatlichen Bergen, da Fahrräder die bevorzugten Beförderungsmittel waren. Bald erweiterte ein Motorrad mit Beiwagen den Aktionsradius. Die Klassiker der Berchtesgadener Berge Gölltrichter, Mühlsturzkante, Südwestwand und Südpfeiler am Untersberg, Kleiner Watzmann Westwandriss und 3. Kind Südkante finden sich ebenso in seinem Tourenbuch wie die Däumlingkante oder Bischofsmütze Nordwand im Dachstein-Gebiet oder die Fleischbank SO-Wand und SO-Verschneidung sowie Totenkirchl Westwand (Dülfer), Mauk Westwand und Predigtstuhl Westwand („Schüle-Diem“) im Wilden Kaiser. Im Karwendel durchstieg er die Laliderer Nordwand (Schmid-Krebs), in den Dolomiten die Nordwände der Großen Zinne (Comici) und der Westlichen Zinne (Cassin) wie auch die Civetta NW-Wand. In den 50er Jahren allesamt große Touren, die schwierigsten Touren der damaligen Zeit. Als seine Kletterkameraden sind vor allem Toni Strasser, Fritz Riegel, Erhard Riedl, Werner Thaler und Albert Hirschbichler (sen.)

zu nennen.

1948 trat er der DAV Sektion Bad Reichenhall bei. In den 50er Jahren war er Jungmannschaftleiter und organisierte viele Touren im Sommer wie Winter. Für sein Engagement erhielt Hubert, der bis ins Jahr 2000 beratendes Mitglied im Beirat und Mitarbeiter im Wegeteam war, 1990 das Ehrenedelweiß.

 

1950 kam er zur Bergwacht unter dem damaligen legendären Bereitschaftsleiter Ludwig Kamml („Kamme Wigg“). Als Gerätehaus diente ein Garagenschuppen in der Reichenbachstraße. Überflüssig die Erwähnung wie aufwändig und mühsam es damals bei Einsätzen zuging. Keine Handies, keine Hubschrauber, die Verunfallten mussten vom Berg heruntergetragen werden. Bei zahllosen Einsätzen bei Wind und Wetter war Hubert dabei und bis ins hohe Alter nahm er an den regelmäßigen Bergwachtabenden teil.

 

1951 heiratete er seine langjährige Freundin und Berggefährtin Rita (geb. Meyer). 1952 erblickte Sohn Walter das Licht der Welt, 1963 Tochter Erika. Beruflich blieb er seiner ersten Arbeitsstätte – später Opel Enzensberger – bis zur Berentung 1990 als KFZ-Meister treu. Die Meisterprüfung hatte er 1965 bestanden. 2011 durften die Eheleute die Goldene Hochzeit feiern, zehn Jahre später sogar noch die diamantene Hochzeit, was heutzutage eher selten ist.

 

In seinen Jahren als Rentner ließ Huberts Tatendrang nicht nach, eher im Gegenteil.

Neben Gipfelbesteigungen daheim, in den Hohen Tauern bis in die Dolomiten und regelmäßigen Skiurlauben wurde Fernreisen mit Rita seine Leidenschaft. Meistens mit eigenem Wohnmobil, gelegentlich mit Reiseveranstaltern ging es im Lauf der Jahre nach Kanada, Sizilien, Griechenland, Türkei, Ägypten, Spanien, Mexiko, Peru, Sardinien, Gran Canaria, Neuseeland, Afrika, ans Nordkap, nach Südostasien wie auch in die USA. Mit 75 ging er noch die Große Reib´n, mit 81 den durchaus anspruchsvollen Klettersteig am Untersberg. Nebenbei gab es immer etwas am Haus und im Garten zu werkeln oder mit den vier Enkelkindern Michael und Monika (von Seiten Walters) sowie Max und Laura (von Seiten Erikas) zu unternehmen. 

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So war er bis weit über sein 80. Lebensjahr hinaus aktiv, auf Reisen und mit nicht nachlassendem Eifer in den Bergen unterwegs. Bis zu einem medizinischen Eingriff 2018 mit Komplikationen, von deren Folgen er sich nicht mehr erholte.

 

Mit Hubert Aßmann verstarb am 24. 4. 2021 ein hervorragender Bergsteiger der Nachkriegszeit, vielseitig interessiert und engagiert, humorvoll und bescheiden, einer der nie viel Aufhebens um sich machte, außer es gab etwas zu tun, dann war Hubert an vorderster Stelle dabei. Am 13. 10. 2021 folgte ihm seine Frau Rita.

 

Ihre letzte Ruhestätte fanden die beiden am Naturfriedhof bei der verfallenen Vierkaseralm am Untersberg mit Blick in Richtung der untergehenden Sonne. An dem Berg in dessen Wänden Hubert am meisten unterwegs war und beide am Kugei-Kaser allein oder im Kreis ihrer Freunde viele schöne Stunden verbrachten. Wer die beiden gekannt hat wird sie nicht vergessen. 

(A. Hirschbichler) 

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Zum Tod von Werner Thaler

(1930 - 2022)

Nachrichtenblatt DAV Sektion Bad Reichenhall 2023

 

Am 20. Oktober 2022 verstarb im Alter von 92 Jahren Werner Thaler, einer der führenden Reichenhaller Kletterer und verdienter Bergwachtmann der Nachkriegsjahre.

Geboren am 1. 2. 1930 in Siegsdorf kam Werner im Alter von 8 Jahren mit seiner Mutter und drei Schwestern nach Reichenhall. Die Schulausbildung am Karlsgymnasium musste er abbrechen, als die Wohnung in der Oberen Stadt beim Bombenangriff 1945 zerstört wurde. So begann Werner eine Schreinerlehre bei der damaligen Schreinerei Sinzinger, wo er auch die Gesellenprüfung absolvierte.

 

Als er 1952 arbeitslos war, verdingte er sich von Februar bis April als Träger auf der Neuen Traunsteiner Hütte. Wie er mir einmal erzählte, schleppte er da fast jeden Tag und bei jedem Wetter Lasten zwischen 40 und 60 kg vom Soderbauern bis hinauf und wenn die anderen dann am Nachmittag sich dem Bier zuwandten, ging er oft noch allein mit den Skiern auf den Weitschartenkopf.

 

1953 kam er als Schreiner und „Mann für alles“ zur Predigtstuhlbahn. Bei der Bahn, die damals dem Südtiroler Reinhold Köllensperger gehörte, blieb er bis 1961. Die heute noch bestehende Holzdecke im Hotel oben fertigte Werner. Zu seinen Aufgaben gehörten außerdem Reparaturarbeiten aller Art, im Winter die Bedienung des damaligen Schlittenliftes auf den Hochschlegel. Nach jedem Schneefall musste die Schlittenspur erneut mühsam ausgeschaufelt werden. Erst 1972/73 wurde der Schlittenlift zum Sessellift umgebaut.

 

Mit dem Klettern begann Werner im Alter von 17 Jahren. Die erste Klettertour mit einem Freund war die NW-Wand des Kleinen Weitschartenkopfes im V. Schwierigkeitsgrad (!). Beim Barthkamin einige Tage später hatte Werner, wie er in seinem Tourenbuch vermerkt, keine Kletterschuhe und musste barfuß gehen. Im Jahr darauf (1948) beging er schon mit Erhard Riedl die Mühlsturzkante wie auch die Wartsteinkante, wobei ihm dort erst der drei Jahre ältere Freund beibrachte, wie man am Stand eine Selbstsicherung baut. Als Kletterpartner sind in den 50er Jahren neben Erhard Riedl vornehmlich Albert Hirschbichler (sen.), Hubert Aßmann, Fritz Riegel, Stefan Kraus und Manfred („Mani“) Strasser zu nennen, in den 60er Jahren kletterte er viele schwere Touren mit Alois Häusl.

 

So war Werner lebenslang im Sommer wie im Winter im Gebirge unterwegs, zunächst meistens in den heimatlichen Bergen, die mit Fahrrad erreichbar waren, später auch im Wilden Kaiser, in den Dolomiten und in den Westalpen. Im Winter war die von der Sektion gepachtete Schappach-Holzstube unter dem Watzmannkar Hauptquartier der Reichenhaller Bergsteiger. Keiner hatte Geld, aber es war immer lustig. Wie Werner sich erinnerte, schliefen die „Extremen“ im Lager dann auf der einen Seite, die „Normalen“, die Mädchen dabeihatten, auf der anderen.

 

Zu den Höhepunkten seines Bergsteigerlebens gehörte sicher die Haute Route im Mai 1957, die zu der Zeit noch kaum jemand beging, mit seinem Freund Albert und zwei Berchtesgadenern. Die Anreise erfolgte mit Motorrädern. Zwischen Bourg-St-Pierre und Zermatt bestiegen sie noch den Grand Combin und den Monte Rosa. Weiters die Begehungen der Badile NO-Wand, Civetta NW-Wand sowie die N-Wand der Großen Zinne, alle mit Lois Häusl. Wie jeder Bergsteiger brauchte auch Werner gelegentlich Glück. Als am Bumillerpfeiler am Piz Palü ein großes Stück von einem nahen Hängegletscher abbrach, befanden sich er und Lois gerade hinter der Pfeilerkante, ansonsten sie der Luftdruck vermutlich aus der Wand geweht hätte. 1961 erhielt Werner die Einladung zur Teilnahme an der Herrligkoffer-Expedition zur Diamirflanke am Nanga Parbat. Da der ihm zugeteilte Kamerad aus Innsbruck aber gegen die vom Expeditionsleiter festgelegten Regelungen bzgl. Informationen an die Presse verstoßen hatte, wurde er wieder ausgeladen – und Werner gleich mit dazu. Wer weiß für was es gut war? Zwar war die Expedition 1962 erfolgreich, aber beim Abstieg stürzte der Spitzenkletterer Siegfried („Sigi“) Löw tödlich ab.

Bereits seit 1927 bei der Predigtstuhlbahn als Schaffner und Maschinist angestellt war der Reichenhaller Bergsteiger Hans Flatscher, in den 20er Jahren Erstbegeher schwieriger Routen in den Berchtesgadener Alpen und Tourenwart der DAV Sektion Bad Reichenhall von 1950 bis 1964. Als der seinen Arbeitskollegen einmal für eine Schreinerarbeit zu sich nach Hause bestellte, lernte Werner dessen Tochter Inge kennen und die Attraktion beruhte offenbar auf Gegenseitigkeit. Am 11. Februar 1956 heirateten die beiden. 1956 wurde Sohn Werner geboren, 1963 Tochter Gabi.

 

1961 wechselte Werner von der Predigtstuhlbahn zur Post, wo er bis zu seiner Pensionierung 1994 blieb. Bereits 1954 war er der Reichenhaller Bergwacht beigetreten, damals unter dem Bereitschaftsleiter Karl Aletsee, der 1957 vom legendären Toni Michl abgelöst wurde. 1961 wurde Werner dessen Stellvertreter, ein Amt das er 12 Jahre innehatte. Seiner alpinen Kompetenz

verdanken wohl nicht wenige Bergsteiger ihr Leben. Der Bergwacht blieb Werner bis ins hohe Alte verbunden und regelmäßig nahm er an den Versammlungen teil.

 

Der Tod seines geschätzten Bergkameraden Fritz Riegel 1989, mit dem er in späten Jahren noch einige Viertausender bestiegen hatte, setzte ihm schwer zu und ab der Zeit ging er nicht mehr zum Klettern, beim Skifahren blieb er bis zum 83. Lebensjahr. Kreislaufprobleme und mehrere Stürze in der Wohnung, die noch relativ glimpflich ausgingen, führten schließlich im November 2021 zur Notwendigkeit der Aufnahme in ein Seniorenwohnheim. Die letzten Monate dort waren für Werner, der bis dahin stets in seinem eigenen Haus gelebt hatte und im Kopf Bergsteiger blieb, sicher schwer. In der Nacht zum 20. Oktober 2022 fand er die ewige Ruhe.

(A. Hirschbichler) 

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Hubert Aßmann und seine Frau Rita

Werner Thaler am Biancograt 

Haute Route 1957

Zum Tod von Josef Ertl („Stangei“)

(1926-2022)

Nachrichtenblatt 2024 der DAV Sektion Bad Reichenhall 

 

 Am 27.12.2022 verstarb im Alter von 96 Jahren der Bergsteiger, verdiente Bergwachtmann und langjährige Staufenhausreferent Josef Ertl, allgemein nur „Stangei“ genannt.

 

Geboren 1926 in Reichenhall als Sohn von Hans Stang und Maria Ertl wohnte die Familie damals in der Gruttensteingasse, herkunftsmäßig war der Stangei also ein Oberstadtler. Den Namen Ertl hat er von der Mutter.

 

Nach dem Schulabschluss in der Heiligbrunner Straße machte Sepp eine Maurerlehre. Die Gesellenprüfung vereitelte der Krieg. Schon mit 17 wurde er zum Arbeitsdienst und gleich anschließend 1943 zur Wehrmacht eingezogen, wo man ihn an die Front nach Italien schickte. Bereits 1944 geriet Sepp in amerikanische Gefangenschaft und man verfrachtete ihn per Schiff nach Arkansas, wo er auf einer Baumwollplantage Arbeitsdienst leisten musste.

 

1946, 20jährig, kehrte er aus der Gefangenschaft zurück in eine Zeit des Mangels und der Geldknappheit. Im Kaffeeschmuggel bot sich eine Gelegenheit, zum Unterhalt der Familie beizutragen. Auch so manche Saalachforelle landete in der Bratpfanne der Familie Stang. Als er einmal beim Schmuggeln erwischt wurde und der Grenzer Sepps Flucht nicht anders als durch Abgabe eines Schusses aufzuhalten wusste, traf die Kugel nicht den Sepp, sondern ging unter der Achsel durch den Stoff seines Mantels. Zwar unverletzt weigerte er sich aber, den schweren Rucksack wiederaufzunehmen und so musste der Grenzer den beschlagnahmten Kaffee selber ins Tal tragen.

 

Nachdem er die Gesellenprüfung nachgeholt hatte, arbeitete er als Maurer bei der Baufirma Fröhlich in Weißbach. Bei einem Friseurbesuch lernte er 1949 Therese („Reserl“) Kern aus Marzoll kennen, 1951 wurde geheiratet. Noch vor der Hochzeit tat das Reserl an der Schönfeldspitze einmal einen bösen Sturz. Man trug sie zum Kärlingerhaus, einer der letzten, der spät abends noch daherkam war erfreulicherweise ein Arzt. Am nächsten Tag Abtransport nach St. Bartholomä, anschließend langer Krankenhausaufenthalt, zum Glück erholte sich das Reserl wieder. Als der Sepp zwei Jahre später unbedingt die Unglücksstelle besichtigen wollte, gingen die beiden noch einmal hinauf. An der Stelle wo seine Angebetete damals zum Liegen kam, bückte sich der Sepp und hatte einen Granatanhänger in der Hand. An einem nahen Felszacken hing noch ein Ketterl und in einer Mulde fand sich sogar noch ein Silberarmband. Und so kam das Reserl zwei Jahre nach dem Absturz wieder zu ihrem Schmuck, was dem Sepp garantiert einige Pluspunkte einbrachte.

 

Nach dem Krieg war der Stangei fast jedes Wochenende am Berg unterwegs, oft auch bei Sektionstouren dabei. Leider existieren von seinen Unternehmungen keine Aufzeichnungen. Im alten Wandbuch der Wartsteinkante findet sich ein Eintrag von der 9. Begehung am 8. September 1946 zusammen mit Mani Straßer. Aus frühen Jahren ist noch überliefert, dass ein Spezl zur Mühlsturzkante wollte, Sepp sich die Sache aber noch nicht zutraute. So ging der Spezl mit einem anderen und beide stürzten tödlich ab.

 

Bei der Bergwacht war der Stangei seit 1942. Bei einer Unzahl von Einsätzen war er dabei und auch das Sozialleben kam nicht zu kurz. Bei der Bergwacht-Sängerriege „Kolkraben“ war er Gründungsmitglied. Der schlimmste Tag war wohl, als Peter Nürbauer und Georg Wellenkamp im Frühjahr 1968 nicht vom Klettern von der Montgelasnase zurückkamen. Die Bergwacht rückte aus und er und sein Freund Fred Nürbauer fanden die beiden tot am Fuß der Nordwand.

 

1952 kam Tochter Gertraud (Traudi) zur Welt, 1956 Sohn Sepp. Das schöne Haus in Karlstein baute er in den Jahren 1957/58 fast ausschließlich in Eigenleistung. 

1959 erfuhr er von einem Bergwachtspezl, dass bei der Stadt ein Bauhofmeister gesucht wurde. Seine Bewerbung hatte Erfolg und Sepp bekam die Stelle. Später war er dann bis zur Berentung Baukontrolleur bei der Stadt. Staufenhausreferent war der Sepp von 1969 bis 1977.

 

In die Berge und zum Skifahren ging er sein ganzes Leben. Von einer Begehung der Haute Route 1972 ist überliefert, dass der Unterhauser Hans seine Berghose vergessen hatte, aber der Stangei zum Glück eine Anzugshose für die Ankunft in Zermatt eingepackt hatte. Und so ergab es sich, dass wohl selten einer eleganter auf der Haute Route unterwegs war als der Unterhauser Hans in Sepps Anzugshose.

Der Stangei war vielseitig. Als Allroundsportler erzielte er beachtliche Zeiten auf Mittelstrecken, war ein begeisterter Eisstockschütze und später kam das Rennradfahren dazu. Bis ins hohe Alter sah man ihn dann noch frohen Mutes auf seinem dreirädrigen Radl

herumfahren. Nebenbei war er 5facher Uropa.

 

Am Josefitag 2023 wäre der Sepp 97 Jahre alt geworden. Es sollte nicht sein. Ein Beckenbruch infolge eines Sturzes führte Ende Dezember 2022 zur Einweisung ins Krankenhaus, wo Komplikationen auftraten, an denen er verstarb.

Mit dem Stangei ging ein Mensch wie heute selten welche nachkommen.

(A. Hirschbichler) 

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Sepp Ertl ("Stangei") in der Grundübelkante, ca. 1948

Foto: Ernst Baumann 

Zwei Urgesteine der Reichenhaller Bergwacht:

Sepp Ertl (links) und Hubert Aßmann 

In memoriam Heini Brandner

(1946 - 2018)

Artikel am 3.7.2020 im Berchtesgadener Anzeiger sowie

am 4.7.2020 im Reichenhaller Tagblatt
 

Am 05.07.2018 verstarb im Alter von 72 Jahren der Berchtesgadener Heini Brandner infolge eines tragischen Verkehrsunfalls. Anlässlich seines 2. Todestages soll in einigen Zeilen an einen der besten Kletterer der 1970er Jahre im Berchtesgadener Land erinnert werden.

 

Geboren am 5. März 1946 in Berchtesgaden, begann Heini, wie ihn seine Freunde nannten, schon im Jugendalter mit dem Klettern.

Mit 14 Jahren wurde als erste Klettertour mit Bruder Michael in Lederhosen der Kleine Watzmann bestiegen. Von einem Nachbarn bekam er ein Seil geschenkt, so gerüstet zog er mit seinem Schulkameraden ins Gebirge. Nach der Schule begann er eine Lehre beim Berchtesgadener Elektroinstallationsbetrieb Tschammer-Osten. Den Gesellenbrief in der Tasche folgte nach den ersten Berufsjahren im April 1966 erst einmal die Einberufung zur Grundausbildung bei der Bundeswehr in der General-Konrad-Kaserne (heute Hochstaufen-Kaserne) in Bad Reichenhall. Zum gleichen Zeitpunkt ebenfalls dort einberufen wurden die Berchtesgadener Norbert Rechler und Roland Bannert, mit denen er in der Folgezeit häufig unterwegs war. Nach der Grundausbildung kamen alle drei zum Hochzug in Berchtesgaden/Strub, zusammen mit dem Münchner Hans Saler, eine starke Truppe. Als Kletterpartner der ersten Jahre dürfen der Königsseer Wenz Meissner und der Ramsauer Michael Gröll („Jagermuch“) nicht vergessen werden.
 

1966 gelang Heini mit der Dachführe (VI A3) an der Rabenwand über dem Königssee seine erste Erstbegehung, der bis in die 1980er Jahre hinein viele folgten. In den 60er und 70 er Jahren war er einer der aktivsten Kletterer weit und breit und jede freie Minute wurde am Berg verbracht. Viele der schwierigsten Klettereien in den Berchtesgadener Bergen (z.B. dir. Mühlsturzkante, dir. Jungfrau Südwand) wie auch im Wilden Kaiser (Fleischbankpfeiler, Schmuckkamin u.a.) wurden in der Zeit begangen und das oft in außergewöhnlich schnellen Begehungszeiten. In den Dolomiten gelangen mit Norbert Rechler die direkte Nordwand der Großen Zinne („Hasse-Brandler“), die „Solleder“ in der Civetta Nordwestwand wie auch die gefürchtete „Philipp-Flamm“ ebendort. Auch im Fels und Eis der Westalpen waren die beiden unterwegs. So in den Nordwänden der Aiguille de Triolet und Les Courtes, der Mont Blanc Brenvaflanke, in der Grand Capucin Ostwand u.a.

Im Jahr 1970 gelang den beiden die in dem Jahr einzige Begehung des Walkerpfeilers an den Grandes Jorasses bei äußerst schlechten Verhältnissen. Nach Wettersturz und anschließend beinahe winterlichen Verhältnissen waren zwei Biwaks fällig bevor sie den Gipfel erreichten.
 

Herausragend in den 60er Jahren waren die Erstbegehungen der Stegerturm Südwand (V+ A2) mit Stefan Kellerbauer 1967, des Nordpfeilers am Südl. Alpeltalkopf (VI A3) mit Michael Gröll 1968, sowie der direkten Göll Nordwestwand (VI) mit Norbert Rechler 1969. 1972 war er mit 26 Jahren der jüngste Teilnehmer der von Lorenz Heiss geleiteten Berchtesgadener Afghanistan-Expedition. Neben anderen Gipfeln wurde als höchster der Noshak Mittelgipfel (7350 m) im Hindukusch bestiegen. In den 70er Jahren wurde der Bischofswiesener Hans Krafft zu seinem wesentlichen Kletterpartner. So wie die Seilschaften Josef Aschauer mit Sepp Kurz in den 20er Jahren und Anderl Hinterstoisser mit Toni Kurz in den 30er Jahren das Klettergeschehen in den Berchtesgadener Alpen geprägt hatten, dominierte in den 70er Jahren die legendäre Seilschaft Brandner/Krafft. Meistens zusammen, gelegentlich auch mit anderen Partnern gelangen zahlreiche Neutouren im damals obersten Schwierigkeitsgrad. Die beiden waren in den Berchtesgadener Bergen die wesentlichen Initiatoren einer Renaissance der Freikletterei, wie sie – nach dem „Direttissima-Zeitalter“ – ab Beginn der 70er Jahre auch in anderen Alpengebieten zu beobachten war. Mit nicht nachlassendem Eifer sammelten sie bis in die 80er Jahre Neutouren, meist im VI. Grad, insgesamt 16 an der Zahl. Als Meisterstück gilt heute noch die Direkte Gelbe Mauer von 1972 am Untersberg. Umgeben von einem Nimbus sagenhafter Schwierigkeiten (VI+, A3) galt die teilweise mit wenigen und auch noch schlechten Haken abgesicherte Route lange als schwierigste Kletterei weit und breit. Die zweite Begehung gelang 1974 einer starken Münchner Seilschaft erst im dritten Anlauf. Danach gab es nur wenige Begehungen, bis die Route 1997 „saniert“, das heißt mit zusätzlichen Bohrhaken versehen wurde. Nach Protesten, dass die Route so gänzlich ihren kühnen Charakter verloren hatte, wurde die Route in einer aufwändigen Aktion „rücksaniert“, d.h. durch Entfernung von Bohrhaken in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt.
Nicht nur in den Berchtesgadener Bergen sondern auch in den gesamten Ostalpen, Dolomiten und Westalpen unternahmen die beiden schwierigste Bergfahrten. Als Mitglieder der Berchtesgadener Bergwacht waren sie bei spektakulären Rettungsaktionen an vorderster Stelle im Einsatz. 1983 war die „Plattenführe“ am Salzburger Hochthron mit Schwierigkeiten bis zum 7. Grad die letzte Erstbegehung der beiden.

 

Beruflich fiel ins Jahr 1974 die Meisterprüfung als Elektriker. In der Folgezeit arbeitete er bis zur Berentung beim Elektro Lochner in der Schönau.
Ab dem Jahr 1980 erweiterte Heini das Spektrum der Abenteuer durch den Tauchsport. Die meisten einheimischen Seen wurden betaucht, nicht zuletzt im Winter und auch bei Nacht. Bei einer Tauchaktion im Königssee – eigentlich damals schon verboten – fanden er und sein Begleiter dummerweise die Leiche eines bereits lange abgängigen Suicidanten. Was tun? Nach einigen Überlegungen meldeten sie die Sache doch und bekamen zum Glück keinen Ärger. Einige Jahre später wurde Heini Mitbegründer des Tauchclubs Berchtesgaden, bei dem er mehrere Jahre als 2. Vorstand wirkte und zum Ehrenmitglied ernannt wurde.

 

1981 heiratete Heini seine langjährige Freundin Ingrid. Keine leichte Aufgabe brachte für beide das Schicksal mit sich, als 1995

Tochter Christina infolge eines äußerst seltenen Gendefekts mit einem Handicap zur Welt kam.
 

In den 80er Jahren begann Heini neben dem Klettern, wie viele Bergsteiger damals, mit dem Gleitschirm-Fliegen. Eine unsanfte Landung auf gefrorenem Boden verlief 1988 noch einigermaßen glimpflich. Nicht so ein Absturz aus 8 Meter Höhe im Jahr 2004. Mit lebensgefährlichen Verletzungen und Symptomen einer Querschnittslähmung kam Heini ins Unfallkrankenhaus Salzburg. Nach drei Wochen künstlichem Koma war die Prognose, jemals wieder laufen zu können, denkbar schlecht, aber durch das Operationsgeschick eines Unfallchirurgen und seinen eisernen Trainingswillen blieb ihm ein Leben im Rollstuhl erspart.

Ganz folgenfrei blieb der Absturz nicht. Eine Fußheberschwäche machte dauerhaft Probleme, sodass Heini seine sportlichen Aktivitäten vorwiegend aufs Radfahren verlagerte. Mit großer Begeisterung war er fast täglich mit seinem Rennrad im Landkreis unterwegs, so auch am Nachmittag des 5.7.2018. Er fuhr am rechten Fahrbahnrand der Königsseer Straße, war schon fast daheim. Das Auto, das von hinten kam und ihn erfasste, sah er nicht.

 

Auf die Frage nach dem Warum gibt es keine Antwort.

Als einer der besten Kletterer der 1970er Jahre des Berchtesgadener Landes wird Heini Brandner nicht nur seinen Bergkameraden in Erinnerung bleiben.

(Albert Hirschbichler)

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Heini Brandner am Zustieg

zum Walkerpfeiler 

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In der Nordwand der Westlichen Zinne

Mit Rennrad am Königssee

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