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Als unpolitischer Mensch, der mehr zu Betrachtungen neigt als zum "Mitmachen", liegt es mir 

eigentlich fern, irgendwo meinen Senf dazugeben zu müssen. Aber einige Ausnahmen gibt es doch.

Leserbrief 1

Anmerkung

Im Herbst letzten Jahres vermeldete das Reichenhaller Tagblatt die Verleihung des Paul Preuss-Preises an den

Berufsbergsteiger Alexander Huber. Die Vorträge der "Huber Buam" füllen Säle, obwohl unklar ist was Herr Meier

und Frau Müller davon haben, wenn sie Bilder betrachten, wo die Huber Buben unter Mühen und Lebensgefahr irgendeinen

Himalayazapfen erklimmen. Selbstredend legen Profibergsteiger auch nur Hand an den Fels wenn zuvor ein Kamerateam

am Berg bereitsteht. Egal. Wir leben in einer Unterhaltungsgesellschaft und die Versorgung der Menschheit mit Nervenkitzel

und Abenteuern ist lukrativ. In meinem damaligen Leserbrief am 4. 11. 2017 ein paar Gedanken zur Kehrseite dieses Berufes:

Aufpassen Alex!

Zur Verleihung des Paul-Preuss-Preises an Alex Huber

Alex Huber ist zweifellos einer der besten Kletterer der Welt. Seine Alleingänge wie z.B. die Solobegehung der Direttissima an der Großen Zinne Nordwand (VIII+), waren (und sind) sogar für Fachleute unvorstellbar.

Mit diesen Leistungen hat Alex, lt. Reinhold Messner, den modernen Alpinismus revolutioniert, wie Paul Preuss es 100 Jahre zuvor tat. Darum der Preis. Was in dem Artikel nicht erwähnt wird: der Tod des Alleingängers Paul Preuss.

27-jährig stürzte der beim Versuch einer Solo-Erstbegehung im Gosaukamm tödlich ab (1913).

Was man nicht vergessen sollte:

Die Ausfallquote derjenigen, die „den Alpinismus revolutionieren“ und – wie heute üblich – ihre Aktionen dann in Vorträgen einem breiten Publikum nahebringen, zu Unterhaltung und Nervenkitzel, liegt bei etwa 50%.

Darüber braucht man sich nicht zu wundern. Spitzenbergsteiger, die, um die Formulierung ein letztes Mal zu gebrauchen, „den Alpinismus revolutionieren“, sind heute durchwegs Profis, anders gesagt Berufsbergsteiger. Wie gut einer davon leben kann (von Sponsorengeldern und Vortragshonoraren etc.), hängt vom Marktwert ab und der Marktwert von den Leistungen. Eigentlich ganz simpel. Leider bringen einen Marktwert heute nur noch Aktionen, die als haarsträubend zu bezeichnen sind. Ideal sind Alleingänge durch Himalaya-Wände oder in höchsten Schwierigkeitsgraden.

Wenn´s gut geht ist´s gut (und man kriegt ein Lob vom Reinhold Messner und eine Ehrung), aber auf Dauer geht’s bei jedem zweiten (der besten) nicht gut. Das ist die Kehrseite. Aber das weißt du ja selber, Alex.




Leserbrief 2

Anmerkung

Am 21. 7. 2018 vermeldete das Reichenhaller Tagblatt dass der BR einen Film über die (selbsternannten) Schamanen des

Berchtesgadener Landes dreht. Da ich die Aktivitäten dieser Personen seit längerer Zeit mit wachsendem Befremden

beobachte, befleißigte ich mich ganz gegen meine sonstigen Gewohnheiten zur Verfassung des folgenden Leserbriefes,

der freundlicherweise auch gleich am 23.7. gedruckt wurde: 

Das Irrationale hat Hochkonjunktur

Leserbrief zum Artikel „Schamanen vor der Kamera“

vom 21. 7. 2018

„Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde als das was man sehen und anfassen kann, Geister und weise Frauen, Hexen, Zauberer, Feen Kobolde und geheimnisvolle Kräfte. Davon waren Menschen einst überzeugt - und manche sind es noch heute.“ So die ersten Zeilen des Artikels. Wenn man bedenkt dass unseren Sinnesorganen nur ein winziger Ausschnitt der uns umgebenden „Realität“ zugänglich ist, kann Ersterem uneingeschränkt zugestimmt werden. Aber Geister, Zauberer, Kobolde? Wenn Menschen im Mittelalter an sowas geglaubt haben, na ja, heute sollte – wie mir scheint – eine vernunftbegabte, Wissenschaft treibende Menschheit von solchen Glaubensinhalten Abstand nehmen. Das gleiche gilt für unerklärliche Zeitphänomene, Untersberg-Mandln, Spiegelwelten usw., Phänomene, die sich angeblich ja speziell in unserem schönen Untersberg manifestieren sollen. Wer, wie offenbar manche „Alpenschamanen“, an so etwas heute noch glaubt, scheint mittelalterlichem Denken nicht wirklich entwachsen zu sein. Aber eins sollte doch klar sein: Diese „Nebenwelten“ existieren nur in den Köpfen der Schamanen und sonst nirgendwo! Auch wenn diese für sich beanspruchen, Zugang zu diesen Nebenwelten zu besitzen und als Vermittler zwischen ihnen und der normalen Welt fungieren zu können. Die naturwissenschaftlich orientierte Erkenntnissuche lieferte grandiose Einblicke in die Welt des Allerkleinsten (Elementarteilchen) bis zum Allergrößten (Sterne, Galaxien). Dennoch ist der Bedarf an „paranormalen Nebenwelten“, der heute von einem unüberschaubaren Esoterikmarkt (dem auch der Alpenschamanismus zuzurechnen ist) bedient wird, ungebrochen. Über die Frage, welche Sehnsüchte, Defizite oder Bedürfnisse des modernen Menschen dahinter stecken, ist schon viel geschrieben worden (z.B. Johannes Fischler: New Cage. Esoterik. Wie sie die Kassen füllt und die Köpfe leert). Dem kann hier nicht weiter nachgegangen werden. Die Alpenschamanen und ihre Anhänger sollten jedenfalls die Inhalte von Volksmythen und Sagen nicht zu sehr mit der Wirklichkeit verwechseln.

Albert Hirschbichler, Bad Reichenhall

Leserbrief 3​

Anmerkung

Am Montag 30. 7. 2018 wurde im Reichenhaller Tagblatt vermeldet, dass das eingestürzte Brückchen über den Weissbach erneuert wurde. Eigentlich wollte ich schon ein Jahr zuvor, als das eigentlich völlig glimpflich abgegangene "Unglück" deutschlandweit für Schlagzeilen sorgte (auf wessen Betreiben?), einen Kommentar dazu verfassen, kam dann aber doch nicht dazu. Die Umstände des Einsturzes siehe unten.

Als angemessene Reaktion auf das Ereignis von Seiten der Beteiligten hätte ich mir die Selbsterkenntnis vorstellen können, dass es wohl keine besonders gute Idee war, 40 Jugendliche (in anderen Berichten ist von 50 die Rede), auf dem Steg aufzustellen. Davon keine Spur. Was aber die Redakteurin einer Zeitung aus dem Herkunftsort der Gruppe sich nicht entblödete in einem Artikel vom 17.10 2017 zu schreiben: "Rasch war auch die Polizei im Camp. Kern und Betreuer Franz Gineiger, selbst Polizist, fuhren mit einer Streife zum Unglücksort. Denn die JFGler hatten die Sorge, dass womöglich ein Gemeindemitarbeiter in der Zwischenzeit ein Warnschild aufstellt: „Benutzung auf eigene Gefahr“. Aber ein Warnschild stand dort nicht, als Polizei und JFG-Mitglieder eintrafen". Dieser Schrieb ist wohl nichts anderes als eine Frechheit! Im nächsten Jahr (also heuer) hat die Jugendgruppe vor, wieder in Inzell aufzulaufen. Dass der Schneizlreuther Bürgermeister unter diesen Umständen vermutlich wenig Lust hat, der Gruppe "Schnitzel ins Camp zu bringen",

wie es sich der Oberbetreuer in dem Artikel wünscht, kann vermutlich nicht nur ich gut verstehen. Und wenn die Gruppe daheim bleibt oder ganz woanders hinfährt, sagt auch niemand was. 

Aber nun zum Kommentar in der Samstagsausgabe 4./5. August 2018 im Reichenhaller Tagblatt. 

 

Leserbrief zu

„Unglücksbrücke erneuert“

am Montag 30. Juli 2018

 

Da kann man sich nur wundern... Ein Jahr ist es nun her, dass der Einsturz einer Fußgängerbrücke über den Weißbach

im Gemeindegebiet von Schneizlreuth deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt hat.

Ein Jahr später bleibt nun immer noch die Frage, wie weit bei den angeblich zahlreichen Betreuern jeglicher gesunde Menschenverstand abhandengekommen sein muss, wenn 40 Jugendliche für ein Foto auf einem schmalen Holzbrückchen aufgestellt werden sollten.

Dass es sich dabei um einen abseits gelegenen und wenig begangenen Steg handelte, auf dem nur ein Mensch hinter dem anderen gehen kann und der völlig offensichtlich nicht dafür ausgelegt war, dass sich eine größere Anzahl Menschen darauf aufhalten, wurde schon mehrfach ausgeführt.

Die Krönung kommt aber noch: Nachdem die Jugendlichen mit Bus zurück zum Quartier gefahren waren und manche offensichtlich doch leichte Blessuren davongetragen hatten, wurde von den Betreuern über Notruf Großalarm (!) ausgelöst. So rückten (lt. Pressemitteilung BRK BGL) zu Boden 19 Sanitäter mit 9 Rettungsfahrzeugen aus dem gesamten Landkreis einschließlich Notarzt sowie die Schnell-Einsatz-Gruppen der BRK-Bereitschaften Reichenhall, Inzell, Traunstein und Siegsdorf, in der Luft der Rettungshubschrauber Christof 14 an. Lt. Pressemitteilung des Polizeipräsidium Oberbayern Süd wurden 11 Jugendliche in umliegende Krankenhäuser eingeliefert. 10 wurden nach ambulanter Untersuchung und Behandlung sofort wieder entlassen, einer verblieb zur „vorsorglichen Beobachtung“ für eine Nacht im Krankenhaus. Auf bayerisch möchte man sagen: „das hat sich wieder rentiert!"

Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft zum Unfallhergang und zur Unfallursache (anders gesagt nach den „Schuldigen") sind nun ein Jahr später immer noch nicht abgeschlossen. Die Jugendlichen und ihre Betreuer müssen sich aber keinerlei Sorgen machen, „in diese Richtung bestehen keinerlei Verdachtsmomente" vermeldete ein Zeitungsartikel aus der Region, wo die Gruppe herkam, bereits im Oktober 2017.

„Hätte ich gewusst, dass die Brücke so schlecht beieinander ist, wäre kein einziger von uns daraufgegangen“, gab ein Betreuer in dem besagten Artikel zum besten. Nun ja, einen (oder fünf) Jugendliche hätte das Brückchen leicht ausgehalten. Aber nicht 40. Komisch dass da keiner draufgekommen ist!

Leserbrief 4

Unveröffentlicht, nicht angenommen 

Anmerkung: Mit zunehmendem Alter stelle ich fest, dass mir die Selbstdarstellung von Sportlern und Vermarktung von Bereichen, die eigentlich nur schöne Nebensachen sind (Klettern, Skitouren etc.) zunehmend auf den Geist geht. Vielleicht gründe ich doch nochmal eine Initiative, dass, sobald jemand mit Redbull Kappe auf irgendeinem Gipfel oder Redbull Logo am Steinschlaghelm in der Zeitung, Youtube, Fernsehen oder sonstwo in Erscheinung tritt, man sofort umblättern oder ausschalten sollte. Dieses Denken entspricht nicht dem Zeitgeist, weshalb mein im März 2020 in "Panorama", dem Magazin des DAV, eingereichter Leserbrief auch nicht veröffentlicht wurde.


Ich geh nie zu so Vorträgen von Kletterern, weil ich nicht einsehe dass ich fürs

Anschaun von Urlaubsbildern anderer Eintritt zahlen soll..."

(so formulierte es ein früherer Kletterspezi)

Nicht unpassend in dem Zusammenhang auch ein Zitat, Friedrich Hölderlin zugeschrieben:

"Ach, den Leuten gefällt, was für den Jahrmarkt taugt!"



Performance vor der Linse

DAV Panorama 2/2020, S.12

„Sportliche Spitzenleistung, hautnah fotografiert - mit den Fotos von Heinz Zak etablierte Alexander Huber eine neue Dimension von Professionalität“ schreibt Malte Roeper in seiner Kolumne „Wendepunkte“.


Dazu einige Gedanken:

Ein Fotograf reist dem Akteur bis nach Amerika (ca. 8000 Flugkilometer!) nach, um Kletterbilder zu schießen. Allein das kein unerheblicher Aufwand. Die Aufnahmen in der Headwall der Salathe Route sind dann nicht während der eigentlichen Begehung entstanden.

Zum Fotoshooting seilte sich Alex vielmehr bei geeigneten Lichtverhältnissen ein Stück von oben in die Wand ab, nachdem in mehrtägigen Vorarbeiten seitlich der zu erkletternden Passage Fixseile installiert wurden, an denen der Fotograf dann „wie eine Spinne am Faden hin und her schwebte“ (lt. Text).

So entstanden Bilder, bei denen vermutlich nichts, von den Lichtverhältnissen über die Perspektive bis zum Outfit des Kletterers (freier Oberkörper, Farbe der Kletterhose) dem Zufall überlassen blieb. Vergleichbar einem Model am Laufsteg. Fehlt gerade noch dass sie den Alex zuvor noch geschminkt haben. Die Bilder eindrucksvoll, ohne Zweifel, „eine neue Dimension von Professionalität“ wie es Malte Roeper in seiner Kolumne nennt.

Und – wenn lt. Text die Bilder auf vierzehn Titelseiten der führenden Klettermagazine weltweit erschienen – eine neue Dimension der Selbstdarstellung und Kommerzialisierung.

Das ist jetzt 25 Jahre her. Wendepunkte. Beginn einer neuen Ära?

Wie es scheint, verlässt heute kaum noch ein Profibergsteiger seinen Trainingsraum ohne Kameramann wenn nicht einem ganzen Filmteam.

Der oder die stehen (oder besser gesagt hängen in Porterledges) dann bereit, wenn der Akteur (oft an einem entlegenen Winkel der Erdoberfläche) Hand an den Fels legt. Vom Stand der Begehung bis zur Ankunft am Gipfel erfährt die Welt zeitgleich über Internet.

Klappern gehört zum Handwerk, sagt man.

Professionelle Selbstdarstellung und Medienpräsenz sind wohl unverzichtbar wenn man vom Klettern leben will.

Die Kehrseite: Die Nähe zum Entertainment. Auch die Elite des Klettersports lässt sich heute vor den Karren der Unterhaltungsindustrie spannen. Beim Publikum (und bei den Sponsoren) besonders beliebt scheinen lebensgefährliche Aktionen (Kleinexpeditionen durch haarsträubende Himalayawände, Free Solo-Begehungen etc). Worüber eher selten gesprochen wird: die Ausfallquote bei den Spitzenbergsteigern. Nach einer neueren Statistik liegt die bei 38%.

„Brot und Spiele“ verlangte das Volk im alten Rom. Neben Fußball, Abfahrts-Skirennen und Formel 1 scheinen dieses Bedürfnis heute zunehmend auch die Profikletterer zu bedienen. „Bergsteigen als romantische Lebensform“ – lang ist´s her.



Leserbrief 5 

Zum Bericht eines "YouTubers" über eine Watzmann-Gratüberschreitung

 

Dick aufgetragen

Zum Bericht „Nichts für Weicheier“ (Watzmann-Überschreitung bei Schnee) vom 9. Juni 2021 im Reichenhaller Tagblatt: 

 

Selten so einen Unfug gelesen. „Das ist so gefährlich“, so leitet der „ YouTuber“ seinen Bericht über eine kürzlich durchgeführte Watzmann-Überschreitung ein, die er zur geeigneten Selbstdarstellung mit mehreren Kameras filmte. Dass er, wie er schreibt, erst am Hocheck bemerkt wie viel Schnee am Watzmann in dem Jahr noch liegt, sagt eigentlich schon alles.

Nun gut, er begeht den Grat, „gräbt die Hände in den brüchigen Schnee“... „happig happig“ sei der Gang gewesen, unter ihm harter Schnee und brüchiger Fels, ein fußballgroßer Stein löst sich (kameragerecht) als er nach ihm greift... "jeder Tritt, jeder Griff muss sitzen“... die Kalkulation der Gefahr geriet zur Glückssache, „Russisch Roulette“ vergleichbar („wenn du an der Stelle zur falschen Zeit einsteigst, dann bist du tot“). Schließlich kommt er doch auf der Südspitze an („danke, danke, danke Watzmann“), nicht ohne mehrmalige Betonung, dass ein Vorgänger einige Tage zuvor in einer aufwändigen Rettungsaktion aus der Watzmann-Westflanke gerettet werden musste. Beim Abstieg über die Schönfelder bestand natürlich auch noch Lawinengefahr, klaro.

Die Überschreitung des Watzmanngrates vom Hocheck zur Südspitze: zweifellos eine große Tour über den höchsten Grat der Berchtesgadener Alpen.

Aber: Für Bergsteiger die der Sache wirklich gewachsen sind, auch im Winter – günstige Verhältnisse vorausgesetzt – kein besonderes Problem. Meistens bewegt man sich auf Bändern in der Westflanke, wirklich ausgesetzt (und damit gefährlich) sind am gesamten Grat nur zwei kurze Passagen.

Die Frage was der „YouTuber“ mit seiner Art der Darstellung bezweckt mag jeder für sich selbst beantworten.

Der Gang über den winterlichen Watzmanngrat im Februar 1992 mit vier Gefährten (ein Mädchen war auch dabei) mit anschließender Skiabfahrt von der Südspitze ins Wimbachgries ist jedenfalls ein unvergessliches Erlebnis im Leben des Verfassers.

Da war nichts happig, kein Stein löste sich und wir mussten auch nicht die Hände in brüchigen Schnee graben. Und „Helden“ oder „Teufelskerle“ nannte uns auch niemand als der Tag bei einem Weissbier in Wimbachbruck ausklang.

Albert Hirschbichler

Bad Reichenhall

Bergsteiger a.D. 

 

Leserbrief 6

Zum Bericht "Mähaktion mit ungeahnten Folgen" im Reichenhaller Tagblatt vom 15. Juni 2020:


Da mäht jemand nichtsahnend eine Wiese, teilweise Biotop, in Karlstein. Was ein Naturschützer - als schönes Beispiel deutschen Ordnungssinnes - sogleich zum Anlass nimmt, die Sache beim Landratsamt zu melden, auf dass das Vergehen ordnungsgemäß geahndet werde.

Das Ereignis schien außerdem - vermutlich auf Anregung des gleichen Naturschützers - bedeutsam genug für eine dreiviertel Seite lange Reportage in der Heimatzeitung. Zum Biotop: Es handelt sich um einen Wiesenstreifen in Hanglage, der von den umliegenden Wiesen, an denen im Karlsteiner Unterland wahrlich kein Mangel herrscht, für Biotop-Unkundige nicht zu unterscheiden ist. Anlass für die verfrühte Mahd und Hauptgeschädigter scheint der Klappertopf. Die Beurteilung, ob die Pflanze die Futterqualität verschlechtert oder nicht, sollte der Naturschützer als ehemaliger Arzt doch besser erfahrenen Landwirten bzw. Jägern überlassen als der Internetseite "altesgartenwissen" wie mir scheint. Gleiches gilt was die Angemessenheit des "Mulzens" von Mähgut betrifft. Ob man mit derartigen Aktionen und Berichten dem Naturschutz wie auch dem Bund Naturschutz einen Gefallen tut, wage ich zu bezweifeln. 


Leserbrief 7

Was der Dalai Lama wirklich gesagt hat

Zum Artikel „Der Untersberg hat mein Leben verändert“ über den "Alpenschamanen" Rainer Limpöck vom 29. September 2022: 

 

Im Artikel wird (zum wievielten Mal?) Bezug genommen auf ein angebliches Zitat des Dalai Lama vom Untersberg als „Herz-Chakra Europas“. Mit der Aussage sei ein moderner Mythos entstanden, der viele Menschen auf den Berg aufmerksam gemacht habe. Schamanen aus der ganzen Welt folgten nun dem Ruf des Untersberges.

Was aber hat der 14. Dalai Lama wirklich gesagt als er 1993 am Salzburger Flughafen ausstieg um an der Eröffnung der Salzburger Festspiele teilzunehmen? Belegt ist: „es ist mir eine große Ehre, hier in dieser schönen historischen Stadt nahe dem Herzen Europas zu Ihnen sprechen zu dürfen“.

Wie man aus diesen eher unverbindlichen Worten zur Folgerung gelangt, der Untersberg sei das Herz-Chakra Europas, erschließt sich wohl nur höheren schamanischen Bewusstseinsebenen. Was der Dalai Lama wirklich gesagt hat scheint wenig bekannt. Leider ist davon auszugehen dass die phantasievoll umgestalteten Worte noch viele Jahre im Umlauf bleiben. Wenn Unsinn einmal in der Welt ist, kriegt man ihn kaum wieder los.

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Leserbrief 8

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Zum Artikel "Trailrunner Utzmeier lässt Schneesturm im Netz kalt" vom 23. 9. 2024 im Reichenhaller Tagblatt 

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Ein sogenannter "Trailrunner" nutzte den frühen Wintereinbruch im September 2024 für einen Ausflug zur Jennerwiese. 

Weit kam er nicht, aber sein Videoclip im Internet ebenso wie der Bericht im Reichenhaller Tagblatt schlugen hohe Wellen.

Obwohl im Netz vermutlich bereits einige wenig schmeichelhafte Kommentare verfasst wurden, reichte ich den folgenden Leserbrief beim Tagblatt ein,

der netterweise am 27. 9. gedruckt wurde: 

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Da marschiert einer bei Neuschnee auf der Jennerwiese und stellt einen Videoclip ins Netz, den Millionen (!) anschauen. Laut Artikel habe der „Trailrunner“ dafür 36 000 Likes bekommen. Was soll man dazu sagen? Ende der 1980er Jahre machte sich ein gewisser Neil Postman Gedanken über Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie, worüber er ein Buch verfasste mit dem Titel „Wir amüsieren uns zu Tode“. Unter anderem reflektiert Postman darin mögliche Auswirkungen, wenn die Menschheit tagtäglich mit einem Meer von Belanglosigkeiten überflutet wird. Das war noch lange vor dem Zeitalter des Internets und der „Sozialen Medien“, der „Influencer“ und „YouTuber“. In Entsprechung zum Buchtitel Postmans könnte man heute vielleicht sagen „Wir unsinnen uns zu Tode“… Das Verb „unsinnen“ gibt es nicht, kommt aber – wie man sich denken kann – von Unsinn. Vielleicht „unsinnen“ wir uns nicht zu Tode, aber es besteht die Gefahr, dass die Vielzahl der Meldungen von grenzenloser Trivialität zum wesentlichen Bestandteil unserer Kultur geraten.

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